Die Hochzeitssaison ist – bis auf wenige Ausnahmen – vorbei, sodass ich wieder mehr und mehr Gesuche und Angebote von „Styled Wedding-Shoots“ sehe und/oder bekomme. Himmel Herr Gott! Wozu????
Vorab: Ich möchten niemandem auf die Zehen treten oder Kollegen beleidigen! Aber mal ehrlich, bis auf viel Arbeit für Nichts bringen diese durchgestylten Shootings null Komma null. Es finden sind tolle oder weniger tolle Dienstleister zusammen und wollen die perfekten Hochzeits-Werbefotos für Instagram, Facebook & Co. Es wird viel Mühe, Arbeit und Zeit investiert, Models werden gesucht, die Traumlocation ausgesucht und dann geht ein ganzer Tag für die perfekten, oftmals (zugegeben) brillanten Bilder drauf.
„Ja aber Kramer, wo ist das denn schlecht?“ Jeder Fotograf, der mit Leidenschaft und dem Herzen bei seinen Brautpaaren ist, der das Business „Hochzeitsfotografie“ kennt weiß, dass diese Styled Shoots NICHTS, NICHTS und rein gar NICHTS mit der Realität zu tun haben. Ich kann mir dabei weder Location, noch die Models, noch das Wetter oder irgendwas aussuchen. Ich kann Handgriffe beim „Getting ready“ nicht dutzendfach wiederholen lassen und habe meistens auch nie so engen Kontakt zu Floristen, Stylisten, Locationisten oder wem auch immer. Eine Hochzeit zu fotografieren heißt auf den Punkt fokussiert zu sein. Du hast nur diese eine Chance. Keine x-fachen Wiederholungen. Schafft das der Fotograf auch in einer stressigen Live-Situation oder nur beim lauschigen, entspannten und durchgestylten Shootings, ganz in Ruhe? „Who knows dat schon“
Dazu kommt, dass in das Styling dieser durchgeplanten Shootings so viel investiert wird, dass du es bei einer realen Hochzeit nur selten wiederfindest. Habt ihr bei diesen „Styled Shoots“ schon mal gelesen, was der ganze Aufwand kosten würde? Nein. Mit Strohballendeko, altem Treibholz als Trautisch mit Eukalyptus-Blättern zur Zierde, die Scheune hergerichtet, als feierten Victoria und David Beckham Hochzeit und dazu – ganz trendy – Alpaccas, Lamas oder sonst für Lebewesen, die für mich nichts auf einer Hochzeit zu suchen haben. Außer natürlich, ihr seid Lama-Züchter, dann ist es ein Lebensbereich von Euch 😉 Das kostet richtig Asche.
Und ein ganz wichtiger Punkt zum Schluss – genauso wie auf vielen Modenschauen. Meine Bräute bzw. Brautpaare sind wunderbar. Wunderbar als Menschen. Ich habe eher selten 1,85m große Frauen mit 1.95m großen Männern dazu. Ich habe Frauen und Männer mit Tränen in den Augen, Falten vom Lachen im Gesicht und in der Regel mit einer Konfektionsgröße jenseits 32/34. Warum gaukeln viele Kollegen mit den „Styled Wedding Shoots“ das Perfekte vor? Habt ihr dabei schon mal Paare gesehen, die authentisch sind? Meist geht es doch nach Aussehen. Und das ist für mich und meine Hochzeiten völliger Blödsinn. Solche Paare will ich bei einer realen Hochzeit nicht. Ich will die, die lachen, weinen, schreien und dann wieder ruhig sind. Die, die wissen, wie wichtig fotografische Erinnerungen sind und wie viel wichtiger es ist, glücklich und zufrieden zu sein. Nicht nur wunderschön und perfekt.
Amen!
Sorry, dass ich mich so ausgelassen habe. Freunde mache ich mir damit sicher auch nicht besonders viele. Aber fokussieren wir uns doch auf das wahre Leben, auf echte Menschen und nicht dieser ganze, gekünstelte Kram. Wem meine Fotos von realen Hochzeiten nicht gefallen, der bucht mich auch nicht, weil ich eine Hochzeit dabeihabe, die „perfekt & durchgestyltet“ ist.
P.S. Ich schreibe hier übrigens nicht über Werbefotos für Hochzeitskleider & Co. Ich spreche von „Referenzen für Fotografen“.
P.P.S. Das Foto oben stammt übrigens aus einer Hochzeitsreportage eines deutsch-brasilianischen Paares von mir auf Schloss Kittendorf.